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Barrierefreiheit · 16.10.2025

Barrierefreiheit fängt im Alltag an

Laptop mit der neuen barrierefreien Website der SVO.

Wie SVO-Mitarbeiterin Anja Zielinski Barrieren abbaut – beruflich und privat.

Wenn Anja Zielinski über Barrierefreiheit spricht, denkt sie nicht zuerst an Gesetze oder technische Normen. Sie denkt an ihre Tochter Theresa, 15 Jahre alt, Autistin. Sie denkt an Situationen im Alltag, die zeigen, wie verletzlich Menschen sein können, wenn Strukturen und Verständnis fehlen.

Eine Szene bleibt ihr besonders im Kopf: Theresa sitzt in der Straßenbahn, eine Mutter bittet sie freundlich, mit beim Kinderwagen helfen. Für viele wäre das eine Kleinigkeit – für Theresa war es eine unüberwindbare Anforderung. Zwei Tage blieb sie danach zu Hause, völlig erschöpft von dieser Begegnung. „Das zeigt mir, wie schnell Barrieren entstehen können, auch wenn niemand es böse meint“, sagt Zielinski.

Hilfe im Schulalltag

Unterstützung findet Theresa in ihrer Schulbegleiterin, die jeden Tag an ihrer Seite ist. „Ohne die Schulbegleiterin wäre ein normaler Schulalltag für Theresa kaum möglich“, sagt Anja Zielinski. Sie hilft, Überforderung zu erkennen, nimmt Theresa in schwierigen Momenten aus der Klasse und schafft Freiräume, damit Lernen überhaupt stattfinden kann. „Das ist in Deutschland inzwischen erfreulich gut geregelt – aber es braucht viel Engagement der Eltern, viele Anträge und Gespräche, bis diese Unterstützung steht.“ Für Familie Zielinski ist die Hilfe ein Glücksfall: Sie ermöglicht nicht nur Teilhabe, sondern auch Selbstständigkeit, Entwicklung und Unterricht an einem „normalen“ Gymnasium.

Barrieren abbauen – auch digital

Beruflich kümmert sich Anja Zielinski bei der SVO als Customer Experience Managerin darum, dass Kundinnen und Kunden den Energieversorger möglichst leicht erreichen und verstehen. Sie hat die neue Website barrierefrei mitgestaltet. „Das Eye-Able-Tool, mit dem sich Kontraste oder Schriftgrößen anpassen lassen, ist für viele das sichtbarste Zeichen. Aber Barrierefreiheit bedeutet viel mehr: klare Strukturen, verständliche Sprache, Seiten, die auch mit Screenreader oder Tastatur bedienbar sind.“

Barrierefreiheit stellt dabei hohe Anforderungen an IT und Kommunikation – und verändert auch die Haltung. „Es geht darum, niemanden auszuschließen. Wir wollen Verträge, Rechnungen und Informationen so gestalten, dass sie jeder versteht – vom Digitalprofi bis zur Seniorin.“

Gelernt im Alltag

Ihre private Erfahrung hilft ihr dabei. „Ich habe gelernt, Dinge schrittweise zu erklären, Informationen zu sortieren. Zu viele Reize gleichzeitig überfordern – meine Tochter genauso wie viele unserer Kundinnen und Kunden.“

Ein Erlebnis in Paris bestärkt sie: Der Louvre bietet Besucherinnen und Besuchern mit Autismus spezielle Ruhebereiche, Kopfhörer, sogar Gewichtsdecken. „Da habe ich gesehen, wie ernst man Inklusion nehmen kann, wenn man es wirklich will. Das wünsche ich mir auch hier – mehr Sensibilität, mehr Blick auf die unterschiedlichen Bedürfnisse.“

Stütze mit vier Pfoten

Und wenn Theresa von den vielen Reizen in ihrem Alltag überfordert ist, sucht sie sich Hilfe bei Janika – einer Elo-Hündin, bei deren Züchtung speziell auf Gelassenheit und Eignung für tiergestützte Therapie geachtet wurde. „Die beiden haben eine ganz eigene Sprache. Geht es Theresa schlecht, kuschelt sie sich an Janika. Es ist, als würde die Hündin ihre Energie wieder auffüllen.“ Der Vierbeiner gibt Sicherheit, Stabilität – ein Stück Alltag ohne Barrieren.

Für Anja Zielinski ist klar:

Wenn wir Kommunikation klarer und menschlicher machen, profitieren alle: Kundinnen und Kunden, Mitarbeitende – und letztlich die ganze Gesellschaft.

Barrierefreiheit in Niedersachsen

  • 7,8 Mio. Menschen leben in Niedersachsen – über 600.000 davon mit anerkannter Schwerbehinderung.

  • Digitale Teilhabe: Seit Sommer 2025 gilt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz – auch Unternehmen wie die SVO müssen digitale Angebote barrierefrei gestalten.

  • Breite Wirkung: Barrierefreiheit hilft allen: Menschen mit Behinderungen, Eltern mit Kinderwagen, Seniorinnen und Senioren, Menschen mit geringen Deutschkenntnissen.

  • Vertrauen: Laut Aktion Mensch geben über 80 % der Befragten an, dass barrierefreie Angebote ihr Vertrauen in Unternehmen stärken.